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Steuerausscheidung vermeidet Doppelbesteuerung

Wenn zwei oder mehrere Gemeinden, Kantone oder Staaten die Steuerhoheit für Einkommen oder Vermögen über eine Person beanspruchen, vermeidet Steuerausscheidung die Doppelbesteuerung durch Aufteilung der steuerlichen Verfügungsmasse unter ihnen.

Gründe für eine Steuerausscheidung sind:

  • Liegenschaftsbesitz
  • Selbständige Erwerbstätigkeit
  • Zweigniederlassungen von juristischen Personen mit Sitz in anderen Gemeinden, Kantonen oder im Ausland

Es wird unterschieden zwischen:

  1. Internationaler Steuerausscheidung (Ausscheidung mit dem Ausland)
  2. Interkantonaler Steuerausscheidung (Ausscheidung innerhalb der Schweiz)
  3. Interkommunaler Steuerausscheidung (Ausscheidung innerhalb des Kantons)

Drohende Doppelbesteuerung?

Steuerausscheidung greift, wenn zwei oder mehr Staaten oder Kantone ein Steuerrecht geltend machen.

Aufgabe des interkantonalen Steuerrechts ist es, die Kollision von konkurrierenden Besteuerungsansprüchen zweier oder mehrerer Kantone zu vermeiden. Eine solche Kollision besteht namentlich dann, wenn zwei Kantone die unbeschränkte Steuerhoheit über dieselbe Person während der nämlichen Steuerperiode beanspruchen. Dies kommt häufig dann vor, wenn sowohl der Arbeitsortkanton, in welchem eine natürliche Person während der Woche übernachtet, als auch der Kanton des zivilrechtlichen Wohnorts, in welchen sie am Wochenende zurückkehrt, zur unbeschränkten Besteuerung schreiten. Art. 3 des Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG) enthält eine Regel zur Schlichtung eines solchen Streits.

Auch bei Firmen (GmbH’s, AG’s) beansprucht immer häufiger das Steueramt, in dem der Verwaltungsrat wohnt (besonders die Steuerämter Zürich und St. Gallen), ein Steuerrecht für Firmen in anderen Kantonen (besonders Zug und Schwyz). Mit der Forderung einher geht die Behauptung, der Ort der tatsächlichen Verwaltung und damit das Steuerdomizil der Firma befinde sich am Wohnsitz des Verwaltungsrats.

Die Steuerpflicht knüpft am Steuerdomizil an.

Wohnsitz für Steuerrecht massgeblich

Nach der massgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Doppelbesteuerungsverbot gemäss Art. 127 Abs. 3 der Schweizer Bundesverfassung – BV – steht die Besteuerung des Einkommens und beweglichen Vermögens unselbstständig erwerbender Personen dem Kanton zu, in welchem sie ihren Wohnsitz haben. Unter Wohn-sitz ist dabei in der Regel der zivilrechtliche Wohnsitz zu verstehen, d.h. der Ort, an welchem sich die Person in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 23 Abs. 1 ZGB; so auch Art. 3 Abs. 2 StHG und § 3 Abs. 2 StG), wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet (BGr, 25.1.2006, 2P.171/2005, E. 2.2; 17.6.2004, 2P.180/2003, E. 2.1; 7.1.2004, 2P.2/2003, E. 2.2; BGE 123 I 289, E. 2a, 293; StR 1994, 580 ff.; ASA 63, 836). Dem polizeilichen Domizil, wo die Schriften hinterlegt sind und die politischen Rechte ausgeübt werden, kommt dagegen keine entscheiden-de Bedeutung zu. Beides sind bloss äussere Merkmale, die ein Indiz für den steuer-rechtlichen Wohnsitz bilden können, wenn auch das übrige Verhalten der Person dafür spricht (BGE 125 I 54 E. 2; StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2a, mit Hinweisen).

Wo haben Ledige (Singles) Ihr Steuerdomizil?

Bei unverheirateten Steuerpflichtigen, die unselbstständig erwerbstätig sind, liegt das Steuerdomizil gewöhnlich am Arbeitsort, genauer am Ort, von wo aus sie für längere oder unbestimmte Zeit der täglichen Erwerbstätigkeit nachgehen (BGr, 20.1.1994 = StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836; BGE 125 I 54 E. 2b, auch zum Folgenden; neuestens BGr, 6. Dezember 2010, 2C_397/2010 = ZStP 2011, 134 = StE A 24.21 Nr. 22). Denn der Zweck des Erwerbs für den Lebensunterhalt ist dauernder Natur. Eine Ausnahme besteht dann, wenn sie regelmässig an den Familienort zurückkehren und ihre persönlichen und gesellschaftlichen Beziehungen zum Familienort diejenigen zum Arbeitsort klar überwiegen. Das Bundesgericht nimmt dabei an, dass die beruflichen Interessen nicht über die affektiven Beziehungen gestellt werden dürfen. Daran vermöge, so das Gericht, der Umstand, dass eine Person ledig sei, nichts zu ändern. Als Familienort gilt auch der Wohnort der elterlichen Familie und der Geschwister (BGr, 28.4.2005, 2P.260/2004). Die Kontakte müssen sich aber auf einen bestimmten Ort beziehen; es genügt nicht, dass die Beziehungen zu einer ganzen Region bestehen, mit der sich der Steuerpflichtige verbunden fühlt (StRK II, 8.9.2004, 2 ST.2004.381). Werden am Wochenende und in der Freizeit Beziehungen zu mehreren Orten gepflegt, ist eher anzunehmen, dass der Wochenaufenthaltsort der Lebensmittelpunkt und damit der steuerrechtliche Wohnsitz ist.

Generell ist gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur mit Zurückhaltung anzunehmen, anzunehmen, die Beziehungen zum Familien- bzw. Wochenendaufenthaltsort seien stärker als diejenigen zum Arbeitsort. Sinn und Zweck der direkten Steuern ist es, die allgemeinen Leistungen abzugelten, die das Gemeinwesen für seine Mitglieder erbringt. Der ledige Steuerpflichtige ohne Familie beansprucht die öffentliche Infrastruktur und die Leistungen des Gemeinwesens stärker am Ort, an dem er seiner Erwerbstätigkeit nachgeht und sich demzufolge mehrheitlich aufhält, als am Ort, wo er seine Freizeit verbringt.

Dementsprechend sind bei ledigen Steuerpflichtigen auch die weiteren Erfordernisse für einen Wohnsitz am Ort, wo sie die Wochenenden verbringen, namentlich hinsichtlich der regelmässigen Rückkehr, besonders streng zu handhaben (BGr, 25.1.2006, 2P.171/2005, E. 2.2, auch zum Folgenden). Von ganz besonderem Gewicht sind die Dauer der Anstellung am Arbeitsort und das Alter des Steuerpflichtigen. Mit Berücksichtigung der Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort trägt das Bundesgericht dem Umstand Rechnung, dass sich mit dessen zunehmender Dauer die Bindungen zur Familie erfahrungsgemäss lockern, während sich diejenigen zum Arbeitsort verdichten (BGr, 26.1.1994 = StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836, auch zum Folgenden). Die ständige regelmässige Rückkehr an den elterlichen Wohnort vermag deshalb nach einer gewissen Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort das Steuerdomizil am Ort der Familie nicht mehr ohne weiteres zu begründen, wenn nicht weitere Umstände schlüssig darauf hinweisen, dass die Beziehungen zum Familienort diejenigen zum Arbeitsort überwiegen.

Bei unverheirateten, unselbstständig Erwerbstätigen besteht indessen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine besondere Beweislastregel: Der Umstand, dass der unverheiratete Steuerpflichtige am Ort, wo er sich während der Woche aufhält, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, begründet nach der Rechtsprechung die natürliche Vermutung, dass der Steuerpflichtige dort sein Steuerdomizil hat. Diese Vermutung lässt sich nur entkräften, wenn er regelmässig, mindestens ein Mal pro Woche oder zumindest (bei unregelmässiger Arbeitszeit) an den arbeitsfreien Tagen, an den Ort zurückkehrt, wo seine Familie lebt, mit welcher er aus bestimmten Gründen besonders eng verbunden ist, und wo er andere persönliche und gesellschaftliche Beziehungen pflegt (BGr, 28.4.2005, 2P.260/2004; BGE 125 I 54, E. 3a; Peter Locher, Die Praxis der Bundessteuern, III. Teil: Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, § 3, I B, 2b Nrn. 32 und 27; Martin Arnold, Der steuerrechtliche Wohnsitz natürlicher Personen im interkantonalen Verhältnis nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung, ASA 68, 462 ff.). Die Anforderungen an die Überzeugungskraft der für die Kontakte zum Wochenendort geltend gemachten Umstände werden dabei mit zunehmender Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort höher, geht doch mit zunehmender Dauer des Wochenaufenthalts regelmässig eine Lockerung der Bindungen zur elterlichen Familie einher (StE 1994 A 24.21 Nr. 7 E. 3b).

Die bundesgerichtliche Praxis geht dabei davon aus, dass die Beziehungen des Steuerpflichtigen zur elterlichen Familie regelmässig nicht mehr so stark sind, wenn der Steuerpflichtige das 30. Altersjahr überschritten hat oder aber sich seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen am selben Arbeitsort aufhält (BGer Urteil 2C_397/2010 vom 6.12.2010 E. 2.2 i.f., mit Hinweis, in: StE 2011 A 42.21 Nr. 22).

In der Regel haben Eheleute ein gemeinsames Steuerdomizil

Bei verheirateten Personen mit Beziehungen zu mehreren Orten werden die persönlichen und familiären Kontakte zum Ort, wo sich ihre Familie (Ehegatte und Kinder) aufhält, als stärker erachtet als diejenigen zum Arbeitsort, wenn sie in nicht leitender Stellung unselbständig erwerbstätig sind und täglich oder an den Wochenenden regelmässig an den Familienort zurückkehren. Demnach unterstehen verheiratete Pendler oder Wochenaufenthalter grundsätzlich ausschliesslich der Steuerhoheit desjenigen Kantons, in dem sich ihre Familie aufhält (BGE 132 I 29 E. 4.2 und 4.3 S. 36 f. mit Hinweisen; BGer 1.2.2012 2C 518/2011).

Mehrere Wohnsitze: welcher ist das Steuerdomizil?

Hält sich eine Person abwechslungsweise an zwei oder mehreren Orten auf, namentlich wenn Arbeits- und sonstiger Aufenthaltsort auseinander fallen, ist für die Bestimmung des Steuerwohnsitzes darauf abzustellen, zu welchem Ort die Person die stärkeren Beziehungen unterhält (BGE 125 I 54, E. 2). Der Lebensmittelpunkt bestimmt sich dabei nach der Gesamtheit der äusseren Umstände, aus denen sich die Lebensinteressen erkennen lassen, und nicht bloss nach den erklärten Wünschen der steuerpflichtigen Person (BGE 125 I 54, E. 2; 123 I 289, E. 2b). Auf die gefühlsmässige Bevorzugung eines Ortes kommt es nicht an; der steuerliche Wohnsitz ist nicht ungeachtet der tatsächlichen Verhältnisse frei wählbar (BGE 123 I 289, E. 2b; 113 Ia 465, E. 3). Die Frage, zu welchem Aufenthaltsort der Steuerpflichtige die stärkeren Beziehungen unterhält, ist jeweils aufgrund der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BGr, 7. Januar 2004, 2P.2/2003, E. 2.2; StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2b, mit Hinweisen). Bei der Bestimmung des Steuerdomizils kann neben den Verhältnissen in der Bemessungsperiode auf die weiteren, bis zum letztinstanzlichen Entscheid eingetretenen Entwicklungen abgestellt werden (BGr, 1.10.1996, 2P.242/1994, E. 1b).

Wo ist das Steuerdomizil von Firmen (juristische Personen: GmbH, AG)?

Das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) regelt die Besteuerung der juristischen Personen im dritten Teil. Dessen erster Titel befasst sich einerseits mit der «Steuerlichen Zugehörigkeit» – in Art. 50 und 51 DBG- und andererseits mit dem «Umfang der Steuerpflicht» in Art. 52 DBG.

Aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig ist eine juristische Person, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung in der Schweiz befindet (Art. 50 DBG; sog. Hauptsteuerdomizil).

Diese Bestimmung unterstellt somit nicht nur juristische Personen schweizerischen Rechts der unbeschränkten Steuerpflicht; sie erfasst vielmehr auch jene ausländischen juristischen Personen, die ihre Verwaltung in der Schweiz haben  (BGer 11.11.2016, 2C_483/2016, 2C_484/2016).

Art. 52 DBG regelt sodann, was der Umfang der Steuerpflicht ist, sofern eine solche in der Schweiz besteht: Dabei hält Art. 52 Abs. 1 DBG für den Fall der persönlichen Zugehörigkeit nach Art. 50 DBG fest, dass die Steuerpflicht grundsätzlich unbeschränkt ist, wobei jedoch u.a. der Gewinn ausgenommen ist, welcher einer Betriebsstätte im Ausland zuzuordnen ist.

Lediglich aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig ist eine juristische Person dagegen u.a., wenn sie in der Schweiz eine Betriebsstätte unterhält (Art. 51 Abs. 1 lit. b DBG; sog. Nebensteuerdomizil).

Firmen haben ihr Steuerdomizil am Ort der tatsächlichen Verwaltung. Doch wo ist der Ort der tatsächlichen Verwaltung?

Nach langjähriger bundesgerichtlicher Rechtsprechung befindet sich das Hauptsteuerdomizil grundsätzlich am Sitz der juristischen Person. Unter Sitz ist der zivilrechtliche bzw. statutarische Sitz zu verstehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 55 N 5 StG).

Zwar geht der Gesetzgeber gemäss Art. 56 ZGB davon aus, dass der Ort der tatsächlichen Verwaltung und der Sitz zusammenfallen, jedoch kann diese Vermutung umgestossen werden, wenn der Ort der tatsächlichen Verwaltung an einem anderen Ort nachgewiesen wird.

Steht dem Sitz im anderen Kanton ein Ort gegenüber, an dem die normalerweise am statutarischen Sitz sich abspielende Geschäftsführung und Verwaltung, d.h. die leitende Tätigkeit, in Wirklichkeit vor sich geht (BGr, 4.12.2014, 2C_431/2014, E. 2.1; BGr, 22.12.2009, 2C_259/2009, E. 2.1; siehe für dieselbe Formulierung bereits BGE 45 I 190, E. 3; siehe auch BGE 55 I 84, E. 1; BGE 54 I 301, E. 2; BGE 50 I 100, E. 2).

Das Bundesgericht stellte klar (BGr, 1.2.2019, 2C_627/2017, E. 2.3.5 in: ASA 87 [2019/2020] 580 ff.; StR 74/2019, S. 286, StE 2019 B 71.31 Nr. 4), dass juristische Personen ihr Hauptsteuerdomizil dort haben sollen, wo der tatsächliche Mittelpunkt ihres Eigenlebens, also der Ort ihrer tatsächlichen Verwaltung liegt.

Ein Briefkastendomizil ist kein Steuerdomizil

Dem statutarischen Sitz wird somit die Anerkennung als Hauptsteuerdomizil versagt, wenn dieser bloss eine formelle Bedeutung hat, wenn er gleichsam künstlich geschaffen wurde und ihm in einem anderen Kanton ein Ort gegenübersteht, wo die normalerweise am Sitz erfolgende Geschäftsführung und Verwaltung besorgt wird (sog. Briefkastendomizil).

Doch nicht allein Briefkastendomizile sind betroffen. Vielmehr trifft es alle Unternehmen – auch die mit aktivem Geschäftsbetrieb – bei denen der Geschäftsführung nicht oder weitgehend nicht am Firmensitz erfolgt.

Das Besorgen der Geschäftsführung bestimmt den Ort der tatsächlichen Verwaltung

Der Ort der tatsächlichen Verwaltung (Ort der geschäftlichen Oberleitung, Place of effective management) liegt praxisgemäss dort, wo eine Gesellschaft ihren wirtschaftlichen und tatsächlichen Mittelpunkt hat bzw. wo die normalerweise am Sitz ausgeübte Geschäftsführung besorgt wird. Massgebend ist somit die Führung der laufenden Geschäfte im Rahmen des Gesellschaftszweckes; bei mehreren Orten ist der Schwerpunkt der Geschäftsführung massgebend.

Abzugrenzen ist die Geschäftsleitung einerseits von der blossen administrativen Verwaltung und anderseits von der Tätigkeit der obersten Gesellschaftsorgane, soweit sich diese auf die Kontrolle über die eigentliche Geschäftsleitung und gewisse Grundsatzentscheide beschränkt. Nicht entscheidend ist sodann der Ort der Verwaltungsratssitzungen, der Generalversammlungen oder der Wohnsitz der Aktionäre (BGer Urteil 2C_1086/ 2012 resp. 2C_1087/2012 vom 16.5.2013 E. 2.1 und E. 2.2 m.w.H., publ. in: StE 2013 B 11.1 Nr. 24; RDAF 2013 II 500).

Wo ist das Steuerdomizil bei Geschäftsführung an mehreren Orten?

Findet die Geschäftsleitung in diesem Sinn an verschiedenen Orten statt, so kommt es auf den Mittelpunkt dieser Tätigkeit an. Nicht entscheidend ist der Ort der Verwaltungsratssitzungen, der Generalversammlungen oder der Wohnsitz der Aktionäre (BGr, 4.12.2003, 2A.321/2003, E. 3.1 = ASA 75, 294; Zweifel/Hunziker, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht, 2011, § 8 N 14).

Wohnsitz des einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers

Liegt die Geschäftsführung und Verwaltung einer Gesellschaft aber ausschliesslich in den Händen eines einzigen Aktionärs und Verwaltungsrats, kann auch sein Wohnsitz den Mittelpunkt der geschäftlichen Tätigkeiten darstellen.

Ist Outsourcing bei der Geschäftsführung möglich?

Die Geschäfte von Firmen führen ist ein gängiges Geschäftsmodell für Treuhänder. Diese nehmen die Geschäftsführung als externe Dienstleister wahr. Nur selten sind die Treuhänder oder deren Mitarbeiter selbst angestellt bei den Firmen. Meist erfolgt die Geschäftsführung im Rahmen eines Auftrags mit der Treuhandgesellschaft: das ist dann Outsourcing von Geschäftsführung. Doch geht das?

Das Schweizer Bundesgericht jedenfalls mein, beim Besorgen der Geschäftsführung sei es kaum denkbar, dass die tatsächliche Verwaltung im Auftragsverhältnis durch Dritte ausgeübt wird (BGer 11.11.2016, 2C_483/2016, 2C_484/2016). Es lehnt damit Outsourcing ab.

Wer hat zu beweisen, wo ie Geschäftsführung erfolgt und das Steuerdomizil ist?

Es obliegt der Steuerbehörde, jene Umstände darzutun und zu beweisen, aus denen folgt, dass sich der Ort der tatsächlichen Verwaltung im Kanton befindet. Denn gemäss dem generellen Grundsatz über die Beweislastverteilung (Art. 8 ZGB) haben im Allgemeinen die Steuerbehörden die steuerbegründenden Tatsachen zu beweisen, mithin auch jene, welche die Steuerhoheit begründen.

Die steuerpflichtige Person ist jedoch zur Mitwirkung und namentlich zu umfassender Auskunftserteilung über die massgebenden Umstände verpflichtet (§§ 133 ff. StG).

Erscheint der vom Steueramt angenommene steuerrechtliche Sitz im Kanton als sehr wahrscheinlich, genügt dies regelmässig als Hauptbeweis und liegt es als dann an der juristischen Person, den Gegenbeweis zu erbringen (VGr, 26.3.1991 = StE 1992 B 11.1 Nr. 11; BGr, 16.2.2010, C_625/2009). Diese ursprünglich für das internationale Verhältnis aufgestellte Regel ist nach der Praxis des Bundesgerichts auch im interkantonalen Verhältnis anwendbar (BGer Urteile 2C_175/2008 vom 22.8.2008 E. 3.2; 2C_183/2007 vom 15.10.2007 E. 3.2; 2P.7/2004 vom 8.6.2004 E. 4). .

Beschränkte Steuerpflicht kraft wirtschaftlicher Zugehörigkeit bei Betriebsstätten

Nach Art. 52 Abs. 2 DBG beschränkt sich die Steuerpflicht bei wirtschaftlicher Zugehörigkeit nach Art. 51 DBG auf den Gewinn, für den nach Art. 51 DBG eine Steuerpflicht in der Schweiz besteht, also beispielsweise auf den Gewinn aus einer Betriebsstätte. Auch für Betriebsstätten erfolgt eine Steuerausscheidung.

Das DBG definiert die Betriebsstätte juristischer Personen lediglich in einer Bestimmung, nämlich in Art. 51 Abs. 2 DBG.

Als Betriebsstätte gilt gemäss Art. 51 Abs. 2 DBG eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Betriebsstätten sind insbesondere Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Werkstätten, Verkaufsstellen, ständige Vertretungen, Bergwerke und andere Stätten der Ausbeutung von Bodenschätzen sowie Bau- oder Montagestellen von mindestens zwölf Monaten Dauer.  

Formen der Steuerausscheidung

Diese Formen der Steuerausscheidung gibt es:

Interkantonale Steuerausscheidung (Ausscheidung innerhalb der Schweiz)

Bei interkantonaler Steuerausscheidung ist für jeden Kanton ein eigenes Steuererklärungsformular auszufüllen und einzureichen. Oft wird eine Kopie der Steuererklärung des Wohnsitzkantons akzeptiert.

Beispiel: Wenn Sie in Zürich wohnen und eine Liegenschaft in einem anderen Kanton besitzen, wird die Gemeinde Zürich und der andere Kanton eine Steuerausscheidung vornehmen. Auch hier ist der Sachverhalt analog, wenn es sich um eine selbständige Erwerbstätigkeit und/oder um eine Betriebsstätte handelt.

Repartitionswert: Der Repartitionswert ist ein Prozentsatz, mit welchem die kantonalen Vermögenssteuerwerte von Grundstücken für die interkantonale Steuerausscheidung multipliziert werden. Die Umrechnung ist erforderlich, weil für die Steuerausscheidung auf vergleichbare Werte abgestellt werden muss, die Vermögenssteuerwerte aber in den Kantonen auf unterschiedlichem Niveau festgelegt werden. Der Repartitionswert für den Kanton Zürich beträgt zur Zeit 115%. Die Vermögenssteuerwerte der zürcherischen Liegenschaften müssen somit für die interkantonale Steuerausscheidung mit dem Faktor 1,15 multipliziert werden.

Internationale Steuerausscheidung (Ausscheidung mit dem Ausland)

Auch ausländische Liegenschaften und deren Erträge sind in der Steuererklärung zu deklarieren.

Zwar werden Liegenschaften nur am Ort der gelegenen Sache besteuert, der Wert der Liegenschaft im Ausland muss jedoch in Ihrer Steuererklärung angegeben werden, weil er für die Berechnung des Steuersatzes und für die internationale Steuerausscheidung berücksichtigt wird.

Die Abgrenzung der Steuerpflicht für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke erfolgt im Verhältnis zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung (vgl. diesbezüglich auch die Ausführungen des Bundesrates in der Botschaft vom 25.5.1983 über die Steuerharmonisierung zu Art. 6 DBG in BBl 1983 III 157: «Diese Bestimmung umschreibt den sachlichen Umfang der Steuerpflicht bei unbeschränkter und bei beschränkter Steuerpflicht. Dabei wird in Absatz 3 zur Abgrenzung der Steuerpflicht für geschäftliche Betriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Verhältnis zum Ausland auf die Grundsätze des interkantonalen Doppelbesteuerungsrechtes verwiesen.»)

Interkommunale Steuerausscheidung (Ausscheidung innerhalb des Kantons)

Bei interkommunaler Steuerausscheidung muss die Steuererklärung nur am Wohnsitzort eingereicht werden. Die Ausscheidung wird danach durch das Kantonale Steueramt oder durch das Steueramt der Wohnsitzgemeinde vorgenommen.

Beispiel: Wenn Sie in Zürich wohnen und eine Liegenschaft in Uster besitzen, wird Uster in Zürich ein Steuerausscheidungsgesuch stellen. Aufgrund dieses Gesuches wird die Steuer anteilsmässig zwischen Zürich und Uster aufgeteilt. Analog ist der Sachverhalt, wenn es sich um eine selbständige Erwerbstätigkeit und/oder um eine Betriebsstätte handelt.

Wenn’s bei der Steuerausscheidung hapert: Das Steuerdomizilverfahren

Bestreitet eine zur Veranlagung herangezogene Person die Steuerhoheit des Kantons, muss grundsätzlich in einem «Vorentscheid» rechtskräftig über die Steuerpflicht entschieden werden, bevor das Veranlagungsverfahren fortgesetzt werden darf (BGE 125 I 54 E. 1a S. 55; BGE 137 I 273 E.3.3.2).

Der in Rechtskraft erwachsene Vorentscheid über das Steuerdomizil entfaltet dabei Wirkung bis zum Ende der im Zeitpunkt des Entscheides laufenden Veranlagungsperiode und zieht auch bereits überblickbare künftige Umstände mit ein (Verwaltungsgericht, B 2020/131, B 2020/133).

Eine gegen Art. 127 Abs. 3 der Schweizer Bundesverfassung – BV – verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, zu deren Erhebung ein anderer Kanton zuständig wäre (virtuelle Doppelbesteuerung).

Ausserdem hat das Bundesgericht aus Art. 127 Abs. 3 BV abgeleitet, ein Kanton dürfe einen Steuerpflichtigen nicht deshalb stärker belasten, weil er nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit unterstehe, sondern zufolge seiner territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton steuerpflichtig sei (BGE 120 Ia 361 E. 2a S. 363, mit Hinweisen; Kurt Locher/Peter Locher, Die Praxis der Bundessteuern, III. Teil, Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht,, § 7, I B, Nr. 45). 

Das Doppelbesteuerungsverbot der Bundesverfassung (Art. 127 Abs. 3 BV) bezieht sich sodann auf interkantonale und nicht auf internationale Verhältnisse (vgl. Urteil 2P.92/1999 vom 15. März 2000 E. 3a). Der Fall, in dem es ausschliesslich um die unbeschränkte Steuerpflicht und den Umfang der Besteuerung einer juristischen Person zufolge persönlicher Zugehörigkeit im internationalen Verhältnis geht, ist daher bloss nach den (internen) Vorschriften der Steuergesetzgebung des Bundes zu beurteilen (Bundesgericht II. öffentlich-rechtliche Abteilung 5.10.2012 – 2C 708/2011). 

Gegen den Vorentscheid kann der in Anspruch Genommene die kantonalen Rechtsmittel erheben und mit der Doppelbesteuerungsbeschwerde ans Bundesgericht gelangen (BGE 134 I 303 E. 1.1 S. 304 f.; BGE 131 I 145 E. 2.1 S. 147; BGE 125 I 54 E. 1a S. 55; BGE 123 I 289 E. 1a S. 291 f.; BGE 115 Ia 73 E. 3 S. 75 f.; ASA 61 S. 678 E. 2a; RDAF 2010 II S. 577 E. 2; StE 2002 A 24.22 Nr. 4 E. 1a).